Im Auftrag der Gemeinde Nordkirchen (NRW) hat geophon drei Audioguides erstellt: über das Schloss Nordkirchen, den Schlosspark und den Dorfkern. Die Touren sind innerhalb der Münsterland-App zum Thema „Schlösser und Burgen“ zu finden (https://tinyurl.com/3a4rudp2). Unabhängig von offiziellen Führungen können jetzt die Highlights von Nordkirchen per App mit dem Smartphone erkundet werden: In den Hörbeiträgen erzählen Kenner und Kennerinnen der Dorf- und Schlossgeschichte unterhaltsame Geschichten und geben spannende Hintergrundinformationen. Ergänzt wird der Audioguide durch innovative augmented-reality Erlebnisse, die die Orte spielerisch erfahrbar machen.
Making off: Audioguide Schloss Nordkirchen, Schlosspark und Dorf
Wie ist das Team von geophon bei der Erstellung der Audiotouren vorgegangen? Das Schloss Nordkirchen war dem Team durch ein vorangegangenes Projekt schon bekannt: 2023 wurde geophon vom Münsterland e.V. beauftragt, mehr als 30 Schlösser und Burgen für die Münsterland-App in kurzen Hörreisen akustisch vorzustellen (https://tinyurl.com/ms6aremu). Schon bei unserem ersten Besuch waren wir von Schloss Nordkirchen fasziniert.

App Münsterland e.V.

Tourenübersicht der App

Detailseite der AppAnforderungen
Anforderungen
Bei diesem Projekt sollte es um spezielle Touren gehen, die den Gästen ermöglichen, vertieft in die Geschichte von Schloss, Park und Dorf Nordkirchen einzutauchen und das eben auch unabhängig von offiziellen Führungen. Mitgedacht wurden von Anfang an auch augmented-reality Anwendungen, um die Audioinhalte spielerisch zu ergänzen. Die augmented-reality Elemente wurden von der Wiener Firma www.fluxguide.com konzipiert und umgesetzt.
Die Konzeption – die Wegführung
In enger Absprache zwischen der Gemeinde Nordkirchen, der Finanzhochschule NRW – den heutigen Eigentümern von Schloss Nordkirchen – geophon und fluxguide wurden die Anforderungen und die Wünsche des Auftraggebers geklärt. Das Schloss ist Sitz der Hochschule für Finanzen des Landes NRW und damit ein Ort, an dem ein lebendiger Hochschulbetrieb stattfindet: In den repräsentativen Sälen des Schlosses finden Vorlesungen statt und die ehemaligen Salons werden für Gruppenarbeiten genutzt.

Grundriss mit Wegführung von Schloss Nordkirchen
Die Leitfragen waren: Wie sind eine touristische Nutzung des Schlosses und ein lebendiger Hochschulbetrieb miteinander vereinbar? Welche Orte eignen sich besonders für pfiffige AR-Anwendungen? Wie sieht die ideale Wegführung aus? Ziel war es, eine Führung zu konzipieren, die Spaß macht und einen lebendigen Einblick in den Alltag der ehemaligen Bewohner im Schloss und im Dorf gibt. Der intensive Austausch wurde vor allem sehr konstruktiv durch Maike Teetz von der Gemeinde Nordkirchen und Manuela Wegener von der Hochschule für Finanzen unterstützt.
Recherchen: Fakten und Geschichten

Magazin Stabi in Berlin
Am Anfang stand die Recherche: Vor allem ging es darum, spannende Geschichten und Anekdoten zu finden: Wie kann man sich die rauschenden Feste auf Schloss Nordkirchen in der Barockzeit vorstellen? Was hat die Schlossbesitzerin Maria von Esterhazy über Ihren Alltag im 19. Jh. in ihrem Tagebuch notiert? Was hat Schloss Nordkirchen mit Wilhelm dem II. zu tun und warum hat der Herzog von Arenberg das Schloss 1903 gekauft? Fragen über Fragen …. Es wurde in historischen Dokumenten, den neuesten wissenschaftlichen Veröffentlichungen und zeitgenössischen Zeitschriften gestöbert – immer auf der Suche nach spannenden Fakten und amüsanten Geschichten.

Tagebuch von Maria von Esterhazy
Und da gab es schöne Überraschungen: Maria von Esterhazy beschreibt ausführlich in ihrem Tagebuch die Erziehung Ihrer Söhne, in einer neueren Publikation über das Schuldensystem des Adels wurden Briefstellen über das öffentliche Ansehen der adeligen Familien aus Nordkirchen gefunden – Klatsch und Tratsch aus dem 18. Jahrhundert. Das war genau der Stoff, der den Audioguide lebendig machen würde!
Recherche in Bibliotheken in Zeitschriften, Büchern und auf Mikrofilm ….
In den verschiedenen Bibliotheken in Berlin wurde nach Berichten über Nordkirchen in alten Zeitschriften recherchiert. Gefunden wurden Berichte in der damals sehr beliebten illustrierten Berliner Zeitschrift „Die Woche“. Hier wurde über Neuigkeiten aus der feinen Gesellschaft berichtet, über rauschende Feste und ausgefallene Events und natürlich auch über den neuesten Klatsch und Tratsch aus der Welt des Adels:

Die Arenbergs auf Nordkirchen in „Die Woche“

Matthias Morgenroth bei der Recherche

Prinz Heinrich in „Die Woche“
Über den Herzog von Arenberg und seine Familie wurde z.B. in einer Art Homestory berichtet, wie sich die Familie, die 1903 das Schloss gekauft hatte, in Ihrem neuen Zuhause in Nordkirchen eingelebt hat – gespickt mit Bildern aus dem Privatleben der adeligen Familie.
Planung der AR-Inhalte
Aber wie und wo sollten jetzt die spielerischen AR-Inhalte untergebracht werden? Wie wäre es, wenn man per AR eine Badewanne in das ehemalige Badezimmer im Schloss platziert? Und wer sollte in der Wanne liegen? Und wie wäre es, wenn man im Spiegelsaal Bilder von sich machen könnte und die dann an Freunde und Bekannte verschicken kann – natürlich in historischen Kostümen und mit barocken Perücken? Genau das wurde dann auch in den AR-Anwendungen umgesetzt und noch so einige andere Spielereien.

AR-Entwurf Badewanne

AR-Entwurf Spiegelsaal
Es wurde ein erstes Konzept gemacht, in dem alle Elemente zusammen gedacht wurden: Bilder, Audios und AR-Inhalte, immer mit der Frage: Was muss wo auf dem Weg in welchem Raum oder an welchem Ort stattfinden? Wichtig war dabei auch die Verteilung der Themen und die Abwechslung bei den spielerischen Elementen und die Anschaulichkeit der Bilder. In welchem Raum wird die Geschichte von der Erziehung der Esterhazy-Kinder erzählt? An welcher Stelle bietet sich ein Kommentar über die Politik der Barockzeit und die Rolle der Familie von Plettenberg an?
Interviews vor Ort
Die Recherchen waren zur Vorbereitung der Interviews vor Ort gedacht. Die Gesprächspartnerinnen und -partner hatten spannende Geschichten zu erzählen, die die recherchierten Inhalte wunderbar ergänzen: Die Leiterin der Hochschule für Finanzen, Claudia Potthoff-Kowol berichtet von den Filmaufnahmen zur Kinoproduktion Spencer, die im Schloss stattgefunden haben, der Verwaltungschef der Finanzhochschule Stefan Göttker erzählt, von einem Auftritt der Band Scorpions in den 1980er Jahren in der Alten Mensa und der Cafebetreiber und Kirchenvorstand Heinz Perrar plaudert über die Entdeckung einer bislang versteckten Krypta unter dem Fußboden der Kirche St. Mauritius.Der Heimatforscher Hubert

Matthias Morgenroth und Hubert Kersting/ Copyright Gemeinde Nordkirchen/Maike Teetz
Kersting schildert lebendig die Festlichkeiten zum Einzug der Familie von Arenberg auf Schloss Nordkirchen und die Schlossführerin Pia Tewes vermittelt eine Vorstellung von der möglichen Möblierung der Innenräume im Schloss zur Zeit des Barocks, erzählt vom Alltag und von den Volksfesten auf den Rennwiesen im Park. Das Gespräch mit dem Historiker Gerd Dethlefs gibt spannende Einblicke in die kunsthistorischen und zeitgeschichtlichen Aspekte und die Dorfführerinnen Elke Piel und Mechthild Thomys schildern lebendig die Aufgaben der Rentmeister und die Lebensverhältnisse im Armenhaus von Nordkirchen: Jede und jeder hat von ihrer bzw. seiner besonderen Sicht auf Schloss, Park und Dorf gesprochen – alles zusammen hat ein sehr abwechslungsreiches Bild von Nordkirchen gezeichnet. Die verschiedenen Geschichten und Perspektiven, Anekdoten und Fakten greifen immer wieder ineinander und ergänzen sich – alle Beiträge sind einzelne Erzählstränge, die wie ein Teppich zu einem Gesamtbild verwoben werden müssen.

Rentei Nordkirchen

Chinesischer Brunnen im Park
Mit den Ohren voller Geschichten und den Taschen voller Audio-Aufnahmen zurück in Berlin: Die Interviews müssen durchgehört und verschriftlicht werden – die O-Töne werden ausgewählt und den Orten zugeordnet. Dann geht es ans Texten. Die Ausschnitte aus den Interviews sind die Herzstücke der Audioguides; sie machen die Beiträge lebendig und sorgen für Abwechslung.
Walzer im barocken Saal
Es ist entschieden: Per augmented-reality soll ein Tanzpaar in den prunkvollen Jupiter/ Herkulessaal „gezaubert“ werden, sodass Gäste auf ihrem Smartphone sehen, wie hier in der barocken Kulisse getanzt wird – allerdings verfremdet durch einen besonderen Effekt. Auch wenn der herrschaftliche Saal damals nicht als Ballsaal genutzt wurde, gefeiert wurde vor allem in der Oranienburg, ist doch vorstellbar, dass in diesem Saal zu Zeiten der Esterhazys oder der Arenbergs kleinere Tanzfeste stattgefunden haben. Und was wurde dann getanzt? Mit Sicherheit ein damals aktueller Modetanz: ein Walzer!

Vanessa und Christoph Baumeister
Die Video-Spezialistinnen Ewa Röhr und Julia Schürmann von der Firma Sichtbarkeitsexperten Wolf & Partner (https://www.fotoagentur-wolf.de/) reisen für die Videoaufnahmen an, Walzer-Musik wird ausgesucht und das Tanzpaar Vanessa und Christoph Baumeister ist bereit für die AR-Anwendung das Tanzbein zu schwingen.

Tanzpaar Baumeister
Den ganzen Tag dauern die Aufnahmen, denn für die optimale Darstellung muss beim Tanzen innerhalb eines gekennzeichneten engen Feldes getanzt werden – ein Schritt aus dem „Rahmen“ und die Aufnahme muss noch mal gemacht werden. Später werden in der App die Bewegungen des Tanzpaars in tausenden kleinen Punkten wie ein Hologramm zu sehen sein – schwebende Bewegungen zur Musik. Nach mehreren Stunden des Drehs sind alle zufrieden: Die Tanzszene ist im Kasten und kann jetzt für die AR-Anwendung von den Kolleginnen und Kollegen von fluxguide weiter bearbeitet werden.
Die Textfassung steht
Die Texte werden vom Auftraggeber und von den Interviewpartnerinnen und -partnern gegengelesen und kommentiert, bis am Ende die Freigabe erteilt wird. Dann geht es zu den Sprachaufnahmen ins „Küss-mich Tonstudio“ von Martin Freitag. Der Berliner Schauspieler Roland Renner gibt dem Architekten Johann Conrad Schlaun, der in der AR-animierten Badewanne liegt, eine Stimme, die Schauspielerin Dana von Senden liest Auszüge aus dem Tagebuch von Maria von Esterhazy und die Off-Texte werden von Matthias Morgenroth gesprochen.

Matthias Morgenroth

Dana Golombek von Senden

Roland Renner
Der Fotograf Philip Föltig macht extra für die Wegführung Fotos. Die Texte für die Wegführung und Bildunterschriften werden geschrieben, das Bildmaterial wird von geophon zusammengestellt und bearbeitet – Lizenzen werden eingeholt. Das Material wird in die Münsterland-App hochgeladen: Audios, Bilder, Texte und AR-Anwendungen sind jetzt verfügbar.
Die ersten Tests

Team der Touristinfo Nordkirchen.
Die Touren werden vor Ort von Mitarbeiterinnen der Touristinfo Nordkirchen getestet. Findet jeder seinen Weg? Ist alles intuitiv bedienbar? Funktioniert der Download? Wird alles abgespielt? Alles passt – das bedeutet, die Touren werden freigeschaltet. So kommen ca. 8 Monate intensiver Team-Arbeit zum Abschluss.
Ab dem 4. Juli 2025 sind die Touren verfügbar und können in der App mit einem Code, der vor Ort erworben werden kann, freigeschaltet werden.